Väter ohne Kinder

Das Buch "Väter ohne Kinder." von Andrea Micus fand ich per Zufall.

Das Anlesen des Buches machte mich als Trennungsvater neugierig. Endlich fand eine Autorin eine Wortschöpfung für die besondere Situation der Trennungsväter, welche ihre Kinder mit der Scheidung verlieren. - kinderlose Väter -


Schon auf den ersten Fall spürt der lesende Vater, es schreibt eine Mutter, welche nach Lösungen ringt. Es schreibt eine Frau, welche Väter der Generation für Gleichberechtigung in der Ehe wahrgenommen hat.
Die Autorin Micus geht der Frage nach, warum werden Väter mit der Trennung zum emotionalen Verlierer? Warum scheitern schon im Trennungsjahr 50% der Vater-Kind-Beziehungen beim regelmäßigen Kontakt? Nach dem ersten Jahr der Trennung haben schon 60% der Kinder keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater.
Die Autorin verweist auf den emotionalen Super-Gau der Väter. Sie verlieren das Lebensmodell "die" Familie, die emotionale Eingebundenheit, müssen den Trennungsschmerz allein - ohne Kind - bewältigen.
Sie beleuchtet die machtvolle Rolle der Mutter beim Vater-Kind-Bruch.
Was mich beim Lesen weiterhin beeindruckte, war der Blickwinkel der Autorin auf die besondere Welt der TrennungsKinder. Diese Kinder erfahren eine "neue" Stresssituation. Eine Stresssituation, welche die Kinder bisher nicht kannten. Die Kinder erleben Stress mit der Existenz der Parallelwelten, welche sie durchleben müssen. Die Alltags- und Schulwelt trifft auf die Elternwelten. Dies ist in bestimmten Lebensabschnitten für Familienkinder bestimmt schon schwierig. Für Trennungskinder steht nun eine zweite Lebenserfahrung und zweite vertrauensvolle Sichtweise überhaupt nicht zur Verfügung.
Ich denke, dass unsere heutige Gesellschaft die Auswirkungen dieses Stressphänomens der Kinder noch nicht wirklich erfasst hat.

Die erste Lebensgeschichte eines Vaters einer Tochter erinnert mich an meine erste naive Trennungssituation meiner Frau. Die Frau bricht mit einem anderen Mann unvermittelt auf. Meine Tochter gerade 8 Monate alt.
Dieser persönliche Aufbruch der Ehefrau mit der Tochter konfrontiert den Vater mit der Frage, wie viel Kampf um die Tochter ist gesund? Wann wird der nicht gewollte ohnmächtige väterliche Kampf, um den Fortbestand der Bindung zur Tochter zu einem zerstörerischen Resultat führen?
Der Vater erkennt die Macht der Mutter. Er meint seine Gefühle der Sehnsucht des Kindeswohles unterordnen zu müssen.

Wahrscheinlich ist es der große ungewollte Kindesverrat aus Unwissenheit. Mann hat es nicht gelernt, wie bedeutsam er für die eigene Tochter ist.

Die zweite Lebensgeschichte eines kinderlosen Vaters gipfelt in der Feststellung des Vaters "die Mutter will mich aus ihrem Leben löschen." Leider geht der Film für den Vater noch weiter. Er will akzeptieren lernen, dass die Mutter nicht mit ihm das gemeinsame Wohl des Kindes begleiten mag.

Dies ist erzeugt in Vätern einfach ein Ohnmachtsgefühl. Hier erfährt die Mutter eine Macht. Sie macht aus einem du wirst mich verlieren ein du wirst zwei Frauen verlieren. Die Tochter wird auf das Level Frau erhoben. Der Schmerz der Mutter wird auf die Tochter projiziert. Damit diese Projektion aufrecht erhalten werden kann, folgen weitere Schritte der kindlichen Verunsicherung und Manipulation.
Diesem Treiben stehen Rechtsanwälte und Psychiater auf der Seite der Väter ebenfalls machtlos gegenüber.

Die dritte Lebensgeschichte zeigt die Chancen und Grenzen einer Mediation auf.

Die vierte Lebensgeschichte erzählt von der Angst der Tochter vor der Mutter und den heimlichen Kontakten zu ihrem Vater.

Die fünfte Lebensgeschichte berührt. Sie spricht die Langzeitwirkung der Trennung an. Der Opa erfährt nach der Kinde- auch noch nicht Enkellosigkeit. Zum Schluss steht die berührende Frage, wer wird seine Hand im Alter halten?

Die sechste Lebensgeschichte konfrontiert den Leser mit der Situation eines unehelichen Vaters. Es wird die Frage nach dessen Rechten gestellt. Am Ende steht die Frage, ob man(n) sich nur vor Verletzungen schützen kann, wenn er kein Vater wird.

Die letzte Lebensgeschichte in dem Buch widmet sich der Frage, wie kommt es zu dem ausgesprochenen Wunsch der Ehefrau den Vater fertig machen zu wollen. Dieser grausame Wunsch geht in zwei Richtungen. Zum einen wirst du deine Kinder nicht wieder sehen. Die zweite Richtung ist existentiell ausgerichtet. Der Ehemann begreift in diesem Moment nicht die Tragweite der gehörten Worte. Weiterhin veranschaulicht diese Lebensgeschichte die Nacktheit und Ohnmacht des Vaters, wenn er vor Dritten von der körperlichen Gewalt gegen ihn berichtet. Auf der anderen Seite zeigt sie die schnelle Ausgrenzung des Vaters, wenn er als gewalttätig durch die Ehefrau dargestellt wird. ... Diese Lebensgeschichte veranschaulicht die Entfremdung des Kindes vom Vater durch unser gesellschaftliches Umfeld. Dem Vater, welcher familiäre Gewalt erfahren hat, wird für die Besuche des Kindes ein Umgangspfleger auferlegt. Im Gegensatz bedarf es für den Kontakt der Mutter keines Umgangspflegers. Später lesen wir, dass das Kind den Vater nicht mehr sehen möchte. Hier stellt sich die Frage, ob wir gesellschaftlich nicht die Kinder überfordern. Wie fühlt sich ein Kind, wenn es den Vater nicht mehr allein sehen darf?

Mich beeindruckte der einfache Satz des Vaters "ich wollte mich von meiner Frau trennen."

Welche Alternativen regt die Autorin an, damit kein Elternteil kinderlos nach der Trennung vom Ehepartner leben muss? Wie kann emotionaler Missbrauch von Kindern verhindert werden?

Die Autorin öffnet den Blick auf andere internationale gesetzliche Rahmenbedingungen. Die nachehelichen Betreuungsmodelle schreiben ein 50:50 Bertreuungsrecht fest. Dies hat Auswirkungen auf das Kindergeld für nur ein Elternteil. Ich fand es schon immer merkwürdig, dass Trennungseltern sich als alleinerziehend bezeichneten, obwohl kein Elternteil verstorben ist. Logischer wäre wohl die Formulierung getrennt erziehend.

Für die emotionale Geborgenheit werden das Nestmodell und die Doppelresidenz angeführt.

Aus meiner Sicht können die Trennungseltern den Kindern eine wahrnehmbare Erfahrung für verschiedene Lebensstile, emotionales Lernens schenken. Eine neue Trennnungskultur beinhaltet bestimmt weitreichende gesellschaftliche Entwicklungsfelder.
mac38 - 2. Mai, 18:46

"die hand im alter halten"

es ist ein großer trugschluss, dass ein kind die garantie für ein alter ohne einsamkeit ist.
dass kinder als "waffe" benutzt werden, ist aber zu verurteilen und sicher kein zeichen reifer eltern-persönlichkeiten.

Freygeist Libertin - 3. Mai, 11:01

Kinderlose Väter und das Alter

@ marc: Der emotionale Mißbrauch von Kindern durch verletzte Eltern ist aus meiner Sicht ebenfalls zu verurteilen.

Nun ist es so, dass dieser emotionale Mißbrauch in allen sozialen Schichten stattfindet. Ich mag die Eltern nicht bewerten, welche dies tun. Wofür ich mich ausspreche ist, dass wir lernen müssen, wie eine andere Trennungskultur aussehen kann. Eine Trennnungskultur, welche weder die Kinder, die Mütter unter Druck setzt und die Väter ausgrenzt und demütigt.

Ich überlege noch, was du mit der "Garantie für das Alter" meinst.
Beziehst du dich auf die Lebensgeschichte, "Hendrik: Ich darf weder Vater noch Großvater sein!". Hendrik machte die Erfahrung, wie nachhaltig die Manipulation auf Kindern wirken kann. Indirekt wird auf noch eine andere Problematik verwiesen. Hendrik gehen Lebenserfahrungen und die "familiäre" Teilhabe verloren. Er ist mit 68 Jahren mit einer Frau zusammen und beiden Menschen, wird der Erfahrungsaustausch über die eigenen erwachsenen Kinder und Enkelkinder nie gegeben werden.

Worauf du aus meiner Sicht aufmerksam machst, scheint das Thema sein: Wie müssen kinderlose Väter für das Alter vorsorgen.

Ich bin auf die nachfolgenden Beiträge neugierig.
mac38 - 3. Mai, 11:37

ich habe mich da offenbar vollkommen missverständlich ausgedrückt. ein kind ist doch nicht die vorsorge fürs alter, das ist die pensionsversicherung!
und was hendrik angeht: erwachsene kinder durchschauen in der regel die manipulation ihrer eltern. und es ist meistens kein zufall, wenn sie keinen kontakt mit ihnen haben wollen. hendrik soll die beziehung zu seiner frau pflegen und die vater- und großvatersehnsucht endlich loslassen. damit nützt er sich, seiner frau, und - last but not least - den kindern am meisten.
Freygeist Libertin - 3. Mai, 17:37

Gefühle zeigen dürfen

@ mac38 - 3. Mai, 11:37
Marc vielen Dank für deinen Beitrag. Du benennst ganz treffend, worum es geht. Es geht um die Gefühle. Es geht einfach darum. dass Väter kinderlose Väter ein Recht haben auf ihre Gefühle. Sie haben sich gefreut, dass sie ein Kind zur Geburt verholfen haben. Sie wollten an der lebenslangen Entwicklung ihres Sohnes und/oder Tochter teilnehmen.
Was die Gefühlswelt der kinderlosen Väter verwirrt, ist dass sie des Rechtes darauf beraubt wurden. Was passierte da? Wir haben in Deutschland ein Scheidungsrecht, welches gern "nur" ein Elternteil in der erzieherischen Verantwortung sieht. So kommt es zu dem fatalen Wortgebilde "alleinerziehend".

Nun betrifft die emotionale Seite nicht nur den kinderlosen Elternteil. In den geschilderten Fällen sind es die Väter. Zusätzlich werden die Kinder einer zweiten familiären Bezugsperson beraubt. Logischerweise wird somit das Lern- und Erfahrungsfeld der Kinder eingeengt. Was dies noch nachhaltiger erscheinen lässt, ist das der verlorene männliche Partner in der Erziehung im weiteren pädagpgischen und erzieherischen Entwicklung nicht kompensiert werden. Der Anteil der professionell pädagogischen Männer geht immer weiter zurück. Dies zieht sich bis zur Berufsausbildung.
mac38 - 4. Mai, 12:06

"Der Anteil der professionell pädagogischen Männer geht immer weiter zurück."

das hängt vor allem damit zusammen, dass dienstleistungsberufe generell schlecht(er) bezahlt sind. in russland ist man schon viel weiter. dort ist auch der arztberuf ein reiner dienstleistungsberuf und sozial nicht so geachtet wie bei uns. russische ärzte sind deshalb meist ärztinnen.

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